Das nervt - Große Bühne für meine Beschwerde
Bargteheide 2015 -
„Das nervt - Große Bühne für meine Beschwerde“
Rahmenbedingung
Im Allgemeinen ist es schwierig, seine Beschwerden zu äußern. Oft hat man nur ein ungutes Gefühl und verpasst den Moment, den Mund aufzumachen. In Finnland und England entstanden seit 2005 sogenannte „Beschwerdechöre“. Bürger verwandeln aktiv und amüsant Ihren alltäglichen Ärger in Kunst, in Musik. Auch Schüler und Schülerinnen haben diverse Gründe, ärgerlich zu sein. Doch wie lässt sich die Wut äußern, ohne andere zu mobben, Dinge zu zerstören, als „Troll“ in sozialen Netzwerken aufzutauchen oder in Verstummung zu kapitulieren?
Kunst kann auf ganz unterschiedliche Weise Wut sichtbar machen und wahrt dennoch Grenzen. Mit Hilfe von Literatur, Tanz und Malerei soll eine Collage entstehen, die auf die Bühne kommt. Nur, wer sich äußern kann und gehört wird, kann lernen, dass seine Stimme zählt. Und wessen Stimme gehört wird, der lernt auch, anderen zuzuhören. Mobbing und Gewalt werden sichtbar und können verhindert werden – das ist Erkenntnis und Wunsch der Beteiligten.
1. Projektphase: Kreatives Schreiben
mit HannaH Rau
Nach einer vorbereitenden Einheit über die Form des Beschwerdechors als solches, arbeitet Wortwerkerin HannaH Rau mit den Schülerinnen und Schülern mit Mitteln des freien, kreativen Schreibens. Theaterspiele lockern die Atmosphäre und erleichtern den Einstieg in eine Beschwerdesammlung in Kleingruppen.
In Zweiergruppen entsteht ein Dialog auf dem Papier: „Ich hab keinen Bock auf…“. In zwei weiteren Unterrichtseinheiten schreiben die Schüler frei zu Impulsen wie z.B. „Was ich schon immer einmal sagen/fragen wollte…“ und tauschen sich darüber aus. Gruppen ähnlicher Themenbereiche fügen ihre Texte zusammen und überarbeiten diese mit Unterstützung der Literatin, sodass sie rhythmisch auf Rap-Beats gesprochen werden können. Außerdem entstehen Slam-Texte zu Toleranz und Diskriminierung.
Die Arbeitsweise in Gruppe und Einzelarbeit erleichtert es den Schülerinnen und Schülern, sich zu äußern. Sie erkennen, dass sie nicht allein mit ihrem Ärger sind. Die Gruppe wird darin bestärkt, auch ungewöhnliche, kritisch-polemische und humorvolle Äußerungen zu respektieren.
2. Projektphase: Tanz und Choreografie
mit Katja Grzam
Mit einfachen Übungen aus dem Darstellenden Spiel und Basis-Tanzelementen beginnt der Einstieg in die Körperarbeit sehr energetisch, um den Körper intensiv zu spüren. Danach dürfen die Schülerinnen und Schüler ihre Wut mit Hilfe einer an der Wand gelehnten Matratze entladen. Hemmungen werden so abgebaut.
In Kleingruppenarbeit werden nun Gestik, Mimik und Laute zu Emotionen gesucht und mit großen Bewegungen verbunden. Eine eigene gesetzte Choreographie der vorher selbst erarbeiteten Texte wird entwickelt und erlernt. Wut, Verzweiflung, Frust und Aggression werden mit Bewegungsideen verknüpft.
Am Ende gilt es, alle Bewegungsideen mit den schon vorher gesetzten Texten zu verbinden und durch weitere Raumwege, Raumpositionen und Gruppenkonstellationen der Performance ein Gesamtgesicht zu geben.
3. Projektphase: Bühnenbild
mit Barbara Engel
Die entstandenen Gruppen „Kreatives Schreiben“ und „Choreografie“ sollen ein inhaltlich konkretes und visuell passendes Bühnenbild in der Stilrichtung Graffiti entwickeln. Graffiti ist inzwischen eine anerkannte Kunstform. Dennoch wird sie zu politischen Zwecken benutzt. In diesem Projekt findet eine deutliche Abgrenzung davon statt.
Jede Gruppe wählt ein zu ihrem Thema passendes Beschwerdewort. Anschließend werden diese Wörter im Graffiti-Stil umgesetzt. Die großen Graffitis werden während der Aufführung auf einer großen, von hinten beleuchteten Folie, als Bühnenbild im Hintergrund präsentiert.
Für die spätere Bewertung der Ergebnisse werden die künstlerischen Kriterien der Graffiti-Schriftzüge sowie deren Außenformen oder hinzugefügte Elemente berücksichtigt.
4. Projektphase: Zusammenführung und Präsentation
mit HannaH Rau, Katja Grzam, Barbara Engel
„Ich habe keinen Bock, den Anfang zu machen.“ Im Halbdunkel sitzen die Schüler auf der Bühne, schreiben, zerknüllen Papier, machen mechanische Bewegungen. „Ich habe keinen Bock auf Leute, die mich korrigieren“. Statement um Statement wird rhythmisch vorgetragen – sie meinen, was sie sagen. Im Gegenlicht sieht man ihre Körper schemenhaft vor einer Wand aus von hinten beleuchteten Graffitis. Da steht: „Mensch“, „Egoismus“ und „Why?“.
Die einzelnen Kunstformen, die in den letzten Wochen getrennt voneinander entstanden, werden in wenigen Stunden zu einem Ganzen zusammengesetzt und in schließlich in einer Werkschau gezeigt.
Der Bogen ist weit gespannt: Von allgemeinen politischen und sozialen Missständen bis zu persönlichen Problemen.
Weiterführend können noch andere Kunstformen eingebracht oder einzelne Bereiche vertieft werden.
Konzeption und Umsetzung
HannaH Rau, Katja Grzam & Barbara Engel
Zeitrahmen: pro Künstler 3 Tage, je 8:00 - 10:20, 3 Schulstunden
Betreuungsschlüssel: 21 Schüler (mit Betreuung)
Infrastruktur: Bühne und Kunsträume sowie Klassenräume
Proben und Präsentation: 3 Tage
Partner: Kopernikus Gymnasium Bargteheide, Kathrin Martin
Ort: Kopernikus Gymnasium Bargteheide
Kreatives Schreiben
Künstlerin: HannaH Rau, Literatur
Techniken: freies, kreatives Schreiben, Poesiepädagogik
Pädagogisches Leitbild: Gefühle formulieren, Wut in Worte fassen, Respekt vor anderen Ausdrucksformen, Selbstwert, Präsentation
Kontakt: post@wortwerkerin.de
Tanz und Choreografie
Künstlerin: Katja Grzam, Tanz
Techniken: Performativer Tanz
Pädagogisches Leitbild: Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie man eine gesetzte eigene Choreographie der vorher selbst erarbeiteten Texte entwickelt.
Kontakt: gramka@arcor.de
Bühnenbild
Künstlerin: Barbara Engel, Bildende Kunst
Techniken: Acrylmalerei im Graffiti-Stil
Pädagogisches Leitbild: Die Schülerinnen und Schüler lernen anhand der Graffititechnik unterschiedliche Graffitischriftzüge kennen und selbst einen Schriftzug aus ihrem eigenen Beschwerdetext im Graffitistil umzusetzen
Material: Folie, Papier, Pinsel, Acrylfarbe, Schwämme, Edding, Fineliner
Kontakt: info@barbaraengel.de